Samstag, 25. April 2015

Björk gibt sich im MoMA die Ehre


Was fällt euch spontan zu Björk ein? Innovative Videos, ausgefallene Rhythmen, exotisches Auftreten ... so die Antworten aus meinem Freundeskreis. Bekannt war sie jedem, wenn auch nicht jeder zu ihren Fans zählte. Über eine Ausstellung im New Yorker MoMA wunderten sich jedoch alle: Wie hängt man Musik an die Wand? Das hat sich die isländische Popikone wohl selbst gefragt und sich über zehn Jahre Zeit gelassen, bis sie einer „Mid-Career-Retrospective“ zustimmte.

Und was gibt's zu sehen? Wer an Standbilder aus ihren Videos denkt, liegt nicht ganz falsch. In „Songlines“ werden die Besucher, ausgestattet mit einem Audioguide, durch einen engen Parcours mit chronologisch aufgereihten „Arbeiten“ geführt. Das Gezeigte reicht von Kleidung an Björk-Puppen über nachgestellte Settings bekannter Videos bis hin zu handschriftlichen Aufzeichnungen, Kinder-Fotos und Skizzen. Je nachdem vor welchem Stück man gerade steht, ertönt aus dem Kopfhörer entweder der passende Björk-Song oder eine Stimme erzählt dazu eine Geschichte, die an Björks-Biografie angelehnt sein soll. Eine Etage tiefer das Highlight – „Black Lake“ – ein 3D-Video eigens für die Ausstellung und für das MoMA produziert. Der Sound ist einwandfrei, der Inhalt traurig: Björk lebt ihren Trennungsschmerz aus, verursacht durch die Scheidung von US-Künstler Matthew Barney. Ihr Leid bekommt man auf zwei großen Leinwänden überdimensional präsentiert. Immerhin hat sich Björk für ein Happy End entschieden und zeigt den Zuschauern auch ihre „Heilung“, in dem sie durch saftig-grüne Landschaften läuft (zuvor spielt sich alles in einer dunklen Lava-Höhle ab). Das Ganze dauert 11 Minuten. Unbedingt bis zum Schluss durchhalten, sonst bleibt eine völlig deprimierte Björk in Erinnerung.










Kritiker haben die Ausstellung zerfetzt: Wo bleibt der intellektuelle Anspruch, die Herausforderung an den Besucher, die Erklärung, der Kontext ... Konservative stellten sogar Initiator und Kurator Klaus Biesenbach, Director of MoMA PS1 und Chief Curator at Large des Museum of Modern Art, komplett infrage. Ich bin nun wirklich kein Björk-Fan, habe keinen ihrer Songs auf meiner Playlist, kann mit dem Elfenhaften nichts anfangen und trotzdem ist das Werk der fast 50-Jährigen für mich etwas besonderes, das eine Ausstellung verdient hat. Ob das unbedingt im doch ansonsten weitläufigen MoMA auf engstem Raum sein muss, ist eine andere Frage, die sich garantiert viele nach dem Besuch stellen. Bleibt zu hoffen, dass man in der isländischen Hauptstadt Rejkjavik, deren Bürgermeister ernsthaftes Interesse an der Ausstellung signalisiert hat (so konnte man auf artnet lesen), seinen Besuchern mehr Platz gönnt. 

Wenn ihr Björks „Mid-Career-Retrospective“ sehen wollt, sichert euch einen Termin für „Songlines“ und bringt Zeit fürs Anstehen mit. Lohnt es sich? Für Fans und Neugierige auf jeden Fall. Noch bis 7. Juni im MoMA.




Bildnachweis/Photocredit:
Oben: Biophilia Dress (2011)
Mitte v.l.n.r.: Airmail Jacket (1995/2015); 
Wanderlust (2007); Crystal Mask (2003/2015); Body Sculpture (2007)
Photos: Jutta Kautny