Sonntag, 16. September 2012

Popeye, Hummer, Hulk & Co. zu Gast in Frankfurt, Teil 2

Jeff Koons, Popeye Train (Crab), 2008, Popeye, Öl auf Leinwand, 274,3 x 213,4 cm

Spontan erwachen Kindheitserinnerungen: Popeye ist ein toller Typ, ein echter Held und natürlich – Spinat ist gesund (die allerdings gehört eher zu den unangenehmen). Überlebensgroß, das Gemälde misst immerhin rund 2,70 Meter in der Höhe und ist über 2 Meter breit, baut sich hier in der Ausstellung der Frankfurter Schirn ein Relikt aus Kindheitstagen vor einem auf. Der Macher selbst, Jeff Koons (57), hat die Comicfigur vor einigen Jahren im Zimmer seines Sohnes entdeckt und zum Motiv auserkoren, wie er im Interview in der September-Ausgabe der Vogue erzählt. Aber das ist nur der erste Eindruck.Bei genauerem Hinsehen erkennt man sehr viel mehr, zum Beispiel ein Panzer-Tatoo auf dem muskelbepackten Oberarm. Und plötzlich verliert der Kerl seine Leichtigkeit, die Kindheitserinnerungen verflüchtigen sich. Da nützt es auch nichts, dass Popeye vor verschiedenen, farbenfrohen Bildebenen zu schweben scheint, die geballte Faust signalisiert etwas anderes. Ein Wechselbad der Gefühle, das sich nicht nur bei „Popeye“ auftut, sondern auch bei anderen Arbeiten. Dazu muss man gar nicht viel über Jeff Koons wissen, sondern sich einfach nur Zeit nehmen, die Wahnsinns-Farbwelten beiseiteschieben und hinsehen. Er lässt uns staunen über seine frühen Arbeiten Luxury & Degradationschmunzeln bei der Serie „Made in Heaven“, die nur Volljährige besuchen dürfen, und überrascht uns mit seinen neuen Werken der Reihe Antiquity. Alles ganz im Sinne des Künstlers, der sich wünscht, dass wir ... uns von unseren Ideen und Gefühlen tragen lassen ... (Interview Vogue, September 2012). Jeff Koons hat viele Facetten und selten waren sie so umfassend an einem Ort zu sehen wie derzeit in der Frankfurter Schirn. Jeff Koons. The Painter läuft noch bis 23. September. Also sputet euch!Bildnachweis/Photocredit: Privatsammlung, Courtesy Gagosian Gallery, Copyright Jeff Koons, Foto: Rob McKeever

Dienstag, 4. September 2012

Hummer, Popeye, Hulk & Co. zu Gast in Frankfurt, Teil 1


Was da so lässig von der Decke hängt und aussieht als warte es auf den nächsten Badeausflug, hat ganz schön für Furore gesorgt. Denn erstens sind die „niedlichen Tierchen“ aus Metall und wiegen in Wirklichkeit mehr als eine halbe Tonne, zweitens stammen sie von dem amerikanischen Künstler Jeff Koons und drittens gehören sie zu einer Ausstellung im Frankfurter Liebieghaus. In dem romantischen Skulpturenmuseum am Mainufer erlebt der Besucher normalerweise altägyptische Werke, Buddhastatuen sowie christliche Holz- und Marmorarbeiten, die eine Zeitspanne von 5000 Jahren umfassen. Jetzt befinden sich dazwischen herrlich glänzende, teilweise überdimensionierte Koons-Skulpturen in Knallfarben. 

Ein Kontrastprogramm der Extraklasse, das die einen begeistert und die anderen entsetzt. Eigentlich der passende Rahmen für einen wie Jeff Koons, der polarisiert wie kaum ein anderer und dem es laut eigenen Aussagen „vor allen Dingen um den Betrachter geht“. Seine Fans wissen genau das zu schätzen. Sie lieben seine Perfektion, seine Modernität, seine Vielfalt und seine Farben. Sammler zahlen bis zu zweistellige Millionenbeträge dafür. Kritiker hingegen sehen darin nichts anderes als teuren Ramsch, dessen Wert gerade mal den Zeitgeist überdauert und nicht nachhaltig ist – aber, wer kann das schon mit Sicherheit behaupten? Schließlich hielt man seine Arbeiten bereits vor über 30 Jahren für nicht zukunftsfähig, als er erstmals Staubsauger unter Plexiglas als Kunst zur Schau stellte (ein Exemplar ist übrigens auch im Liebieghaus zu sehen). Die Welt braucht ein bisschen mehr Koons, ein bisschen mehr Mut zum Anderen. Das Liebieghaus hat sich getraut und die Ausstellung „Jeff Koons. The Sculptor“ ist ein „must see!“. Noch bis zum 23. September.

Bildnachweis/Photocredit: Ausstellungsansicht, Liebieghaus Skulpturensammlung, Foto: Norbert Miguletz